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Wie ich 12 Kilo verlor und zu mir selber fand

Tally

Bewegung ist in meinem Alltag fest verankert. Ich bin 24 Jahre alt und manchmal schon etwas zu aktiv für mein Umfeld. Skaten, Kraftsport, Joggen, Biken – alles Sportarten, die ich mehr oder weniger regelmässig ausführe. Sie geben mir den nötigen Ausgleich zu meinem Bürojob, ich fühle mich durch Bewegung fit, körperlich und im Kopf.

Ich stehe auf sportliche Herausforderungen. Surfen an den Stränden von Costa Rica? Bin dabei. Ein American-Football-Wurftraining? Come at me! Wandern bei drückender Hitze und Feuchtigkeit, um einen Wasserfall zu sehen? Nicht ohne mich! Aufgeben ist nicht so meins. Egal wie oft ich vom Brett falle, den Ball nicht fange oder die Wanderung pausieren muss: Ich höre erst auf, wenn ich angekommen bin oder meine eigenen Ziele in dem Moment erreicht habe. Oder es dunkel wird oder ich Schmerzen habe.

Diesen Ehrgeiz und die Motivation habe ich nicht schon seit immer. Im Gegenteil: Ich war zurückhaltend und tat nichts, ohne mir zu überlegen, wie es wohl andere finden. Und wenn mir jemand einredete, dass ich etwas nicht schaffen kann, dann glaubte ich das auch – ohne es auch nur ausprobiert zu haben.

Letzteres ist einer von vielen Gründen, weshalb ich lange brauchte, um meinem eigenen Übergewicht den Kampf anzusagen und mich um mich selber zu kümmern statt um andere. Meine Abnehm-Geschichte ist mit Tränen, Schweiss und Zweifel verbunden. Bevor ich sie jedoch erzähle, möchte klarstellen, dass das MEIN Weg ist und dass der Wert eines Menschen in keinem Fall von seinem Gewicht oder Körperfettanteil abhängt.

Ich sage das so bewusst, weil mir genau das jahrelang eingetrichtert wurde, was Spuren hinterlassen hat, mit denen ich bis heute zu kämpfen habe. Was ich aufzeigen möchte: Wie viel man mit eigener Motivation, Disziplin und dem richtigen Umfeld erreichen kann – ganz egal, ob im sportlichen, privaten oder geschäftlichen Bereich. Und dass man seine Worte immer mit Bedacht wählen soll. Sie können Dämonen erschaffen, die Betroffene auch Jahre später noch heimsuchen.

Ich kann mich nicht genau an den Moment erinnern, an dem ich gemerkt habe, dass ich übergewichtig war. Im Nachhinein betrachtet eigentlich lächerlich: Hätte ich die damaligen Ferienbilder aus einer gewissen rationalen Distanz betrachtet, hätte es mir sofort auffallen sollen. Der zu grosse Bauch und das aufgedunsene Gesicht waren nicht zu übersehen. Damals war das aber einfach das normale Bild, welches ich von mir hatte – so sah ich halt aus.

Meine plötzliche, starke Gewichtszunahme hatte ihren Ursprung in der Pubertät. Als Kind war ich sehr sportlich, bewegte mich in der «Meitliriege» und nahm Reitstunden. Als Jugendliche spielte ich Volleyball, bis ich irgendwann zu klein war und deshalb keinen Spass mehr hatte. Das war in der Übergangszeit zur Pubertät, wo andere Interessen aufflammten: Die ersten Partys standen an, erste Clubbesuche wurden interessant. Ich blieb spätabends weg, ernährte mich von Fastfood und Fertigprodukten, konsumierte Alkohol und bewegte mich kaum noch. Die Folge: Ich nahm stark an Gewicht zu.

Damals war ich knapp 16 Jahre alt, hatte keine Ahnung von Ernährung und ass, worauf ich Lust hatte, ohne einen Gedanken an die Folgen zu verschwenden. Zwischendurch war ich im Fussballverein aktiv, was aber nicht zu einer Gewichtsabnahme geführt hat. Im Gegenteil: Durch das Training baute ich Muskulatur auf, vor allem an den Beinen, was sich ebenfalls im Gewicht niederschlug.

Zu dieser Zeit brachte ich 77 Kilogramm auf die Waage bei einem etwaigen Körperfettanteil von 40 Prozent. Optisch sah es nach mehr aus, da mein Körper schon von Grund auf eher robust gebaut ist: Breite Schultern, kurzer Oberkörper. Ob mich das hohe Gewicht schockiert hat? Ja. Ob ich etwas dagegen unternommen habe? Kaum – ich hatte keine Anhaltspunkte, wie ich das machen sollte.

Zwischendurch hatte ich Anfälle, in denen ich mir vornahm, ALLES an mir zu verändern. Ich ass einen ganzen Tag lang kaum etwas, um mich dann am nächsten Morgen mit allen Dingen vollzustopfen, die mir in die Hände fielen. Ich trank weiterhin Alkohol, schlief kaum an den Wochenenden, vernachlässigte meine Lehre und konzentrierte mich fast nur noch aufs Ausgehen. Mein Gewicht «hielt» ich, was sich im Nachhinein als Glücksfall herausstellte – noch dicker und schwerer zu werden, wäre fatal für meine Gesundheit gewesen.

Problematisch war aber nicht nur die Gewichtszunahme, sondern auch mein damaliger Freundeskreis. Im Nachhinein betrachtet, bezeichne ich das Verhalten gewisser Personen von damals nicht mehr als freundschaftlich und bin froh, dass ich heute nichts mehr mit ihnen zu tun habe.

Diese Menschen mobbten mich und alle anderen Frauen, die nicht ihrem Idealbild entsprachen. Statt mir zu helfen, zu meinem Normalgewicht zu finden, trichterten sie mir ein, aufgrund meines Übergewichts weniger Wert zu sein als Menschen, die normalgewichtig waren. Es fielen Sprüche über mein Aussehen, aber auch über jede Drittperson, die nicht ihren Vorstellungen entsprach. «So eine Fette, die wird nie einen Freund finden» oder «Dicke Menschen sind eklig» sind zwei davon, die mir geblieben sind. Ebenso eine Situation, als ich mit einem dieser «Freunde» auf seinen Wunsch hin zu Burger King gefahren bin. Er bestellte sich ein grosses Menü, ich nichts, da ich bereits gegessen hatte. Während er seinen Burger und Pommes verdrückte, forderte er mich immer wieder auf, ebenfalls zuzugreifen. Auf meine Antwort, keinen Hunger zu haben, lachte er lauthals. Im Endeffekt ass ich zwei Pommes, da er mich immer weiter drängte – und kassierte ein hämisches Lachen, gefolgt von «wusste ich doch, dass du nicht widerstehen kannst». Ich weinte die ganze Nacht, kaum ich war zu Hause – schliesslich hatte ich versagt.

Ich kapierte zu diesem Zeitpunkt nicht, dass solche Menschen keine Freunde sind. Sie erniedrigten, wo sie nur konnten. Statt mich aber zu wehren, suchte ich den Fehler bei mir und glaubte ihnen irgendwann. Ich stimmte ihnen zu, erniedrigte mich selber und weinte vor dem Spiegel.

Mein Selbstbewusstsein wurde über die Jahre in dieser Gruppe, durch diese Gruppe, aber auch mich selber, komplett zerstört. Ich wollte mich ja ändern – aber nicht für mich und meine Gesundheit, sondern für diese «Freunde». Ich wollte anerkannt werden, wollte den gleichen Stellenwert haben wie dünne oder sportliche Menschen. Tief in mir wusste ich, ein Gewichtsverlust würde sich auch positiv auf meine Gesundheit auswirken. Teilte ich das der Gruppe jedoch mit und fragte nach Unterstützung, wurde ich ausgelacht und mir wurde angeraten, es gar nicht erst zu versuchen – ich würde es ja doch nicht schaffen und die «kleine Dicke» bleiben.

Mein Rettungsanker war schliesslich mein heutiger Freund. Durch seinen Einfluss machte ich den ersten Schritt in die richtige Richtung: Ich distanzierte mich von jenem Freundeskreis. Er war es, der eine komplette Veränderung in mir hervorrief – äusserlich und innerlich.

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