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Boost für Dein Immunsystem, etwas was wir, gerade in Zeiten wie diesen, alle gerne hätten. Im März vergangenen Jahres waren sogar in einigen Ländern viele der gängigen Vitamin-C-Präparate ausverkauft – alle wollten ihr Immunsystem boosten, um gegen das Coronavirus gewappnet zu sein. Auch wenn die meisten unter uns nichts mehr von dem Virus hören, sehen und lesen wollen, ist es trotzdem wichtig über «Immunsystem-Booster» zu sprechen, schliesslich waren diese ja auch schon vor Corona auf dem Markt und sollen auch diversen Erkältungskrankheiten und der Influenza vorbeugen bzw. helfen den Infekt zu bekämpfen. 

Was kann Vitamin-C wirklich? 

Vitamin-C wurde in den 1930ern entdeckt und wird seit diesem Zeitpunkt zur Behandlung von Infekten der Atemwege verwendet. Einen besonderen Aufschwung bekam es zudem in den 1970ern, als der Nobelpreisträger Linus Pauling aus Placebo-kontrollierten Studien ableitete, dass Vitamin-C vor Erkältungskrankheiten schützt und diese nach Symptombeginn mildern soll. Nach dieser Aussage wurden unzählige weitere Studien zum Thema Vitamin-C und Immunsystem gemacht. In einem Review von Hemilä und seinem Team (Hemilä and Chalker 2013) wurden ausschliesslich Placebo-kontrollierte Studien berücksichtigt, bei denen 200 mg oder mehr an Vitamin-C verabreicht wurden. Bei den fast 30 untersuchten Studien mit insgesamt über 11.000 Probanden und Probandinnen konnte keine Reduktion der Häufigkeit von Erkältungskrankheiten beobachtet werden. Allerdings reduzierte die Supplementierung mit dem Vitamin die durchschnittliche Länge der Erkrankungen. Der grösste Effekt der Vitamin-C-Supplementierung konnte bei Teilnehmerinnen und Teilnehmern beobachtet werden, die kurzfristig sehr hohen Belastungen bzw. Stress ausgesetzt waren, wie zum Beispiel Skifahrer und Skifahrerinnen. Bei ihnen halbierte sich die Dauer der Erkrankung. Genauso soll bei Kindern der Effekt der Vorbeugung vor den Erkrankungen etwas höher gewesen sein (Hemilä and Chalker 2013). 

Wurden die Vitamin-C-Supplemente erst nach Beginn der Erkältungskrankheit genommen, so blieb in den allermeisten Fällen die versprochene Wirkung aus. Nur eine einzige Studie, in der 8 g Vitamin-C erst nach Beginn der Symptome verabreicht wurde, konnte eine positive Wirkung feststellen. Die Autoren des Reviews würden eine Supplementierung aufgrund der geringen Wirkung nicht empfehlen, allerdings auch nicht grundsätzlich davon abraten, da kaum Nebenwirkungen zu erwarten sind (Hemilä and Chalker 2013). 

Um also ganz normale Erkältungen zu verhindern, ist eine Supplementierung von Vitamin-C nicht hilfreich. Möglicherweise kann man aber die Dauer der Erkrankung dadurch reduzieren. Trotzdem muss man hier anmerken, dass Vitamin-C weit verbreitet in Lebensmitteln (z.B. Früchte und Gemüse) vorkommt und daher grundsätzlich der Bedarf über die Nahrung gedeckt werden kann. Ausserdem gilt bei Vitamin-C der Grundsatz «viel hilft nicht immer viel». Je höher die Dosen an Vitamin-C sind, die wir mit einem Mal konsumieren, desto weniger davon wird aufgenommen. Du kannst also, so paradox das klingt, mit sehr hohen Dosen weniger aufnehmen, als mit geringeren und Dich schlimmstenfalls, bei chronischer Einnahme von Megadosen (ab 3 g) sogar in einen Mangel treiben. 

Vitamin C und COVID-19 

Einige wenige Studien, die Vitamin-C in Bezug auf das Coronavirus untersuchten, sind bereits veröffentlicht. In diesen Untersuchungen konnten tatsächlich positive Effekte von Vitamin-C auf bereits (schwer) erkrankte Personen festgestellt werden. Diesen Patienten und Patientinnen wurden sehr hohe Dosen an Vitamin-C meist intravenös verabreicht. In den meisten Fällen konnte damit tatsächlich die Mortalität gesenkt werden und die Aufenthalte auf den Intensivstationen verkürzt. Allerdings geht aus dem die Studien zusammenfassenden «Mini-Review» von Bae und seinem Team (Bae and Kim 2020) nicht hervor, ob die Patienten zuvor an einem Defizit litten, oder normale Vitamin-C-Konzentrationen im Blut hatten. Ausserdem wurde Vitamin-C hier meist intravenös verabreicht, wodurch das Problem der verminderten Aufnahme im Dünndarm durch grössere Dosen umgangen wurden. Mengen, die die beschriebenen positiven Effekte erzielen, würden, wenn sie oral verabreicht werden würden, höchst wahrscheinlich nicht wirksam sein. 

Die Autoren der Studie sind darüber hinaus der Überzeugung das die momentane Datenlage noch nicht ausreichend ist, um konkrete Empfehlungen auszusprechen. In jedem Fall sollte aber Mangelernährung in jeglicher Hinsicht zur Prävention von schweren Verläufen vermieden werden. Man konnte auch beobachten, dass viele schwer erkrankte Personen Defizite bei mehr als einem Nährstoff aufwiesen. Besonders negativ scheinen sich Defizite von Selen, Vitamin-D und -C auszuwirken (Bae and Kim 2020). 

Einmal den Multi-Vitamin-Cocktail für mich, bitte! 

Ist es nun hilfreich, einfach alle Vitamine und Spurenelemente einmal täglich in einer bunten Brausetablette runterzuspülen, um sicher zu gehen, keine Defizite zu haben? 

Diese Frage lässt sich ganz klar mit «Nein» beantworten! Dazu gibt es grundsätzlich zwei Erklärungen: Erstens gibt es bei Vitaminen und Spurenelementen kein «one size fits all» Präparat, da der Bedarf an der Supplementierung der einzelnen Mikronährstoffe sehr individuell ist, da die Ernährung, das Alter, mögliche Vorerkrankungen und viele weitere Faktoren eine Rolle spielen. Zweitens solltest Du möglichst nur die Nährstoffe ergänzen, die entweder in deiner Ernährung nicht (ausreichend) vorkommen (z.B. Vitamin-B12 in der veganen Ernährung), oder an denen Du einen Mangel hast. Einzig Vitamin-D nimmt diesbezüglich eine Sonderstellung ein, da der Bedarf über «normale» Lebensmittel nicht gedeckt werden kann. In den Sommermonaten kannst Du, sofern Du Dich oft draussen, leicht bekleidet aufhältst, deinen Bedarf ohne Vitamin-D-Präparat durch Eigensynthese mit Hilfe des Sonnenlichts decken. In den Wintermonaten wird aber durchaus zu einer Supplementierung geraten, um eine adäquate Versorgung zu gewährleisten (Deutsche Gesellschaft für Ernährung 2015).

Abschliessende Worte 

Zusammengefasst kann man sagen, dass eine adäquate Versorgung mit Vitamin-C, bzw. allen Nährstoffen überhaupt, zur natürlichen Funktion des Immunsystems beiträgt und deshalb einem Mangel vorzubeugen ist. Im Falle von Vitamin-C ist es eher unwahrscheinlich, dass Du einen Mangel hast. Wenn du Dir aber dennoch unsicher bist, kannst du deinen Vitamin-C-Status im Blut von einem Arzt ermitteln lassen. Mit einer Supplementierung eines niedrig dosierten Vitamin-C-Präparats kannst Du grundsätzlich auch nicht viel falsch machen, da Du dich mit Vitamin-C nicht vergiften kannst. Trotzdem solltest Du von hoch-dosierten (ab 3 g) Supplementen, sofern sie dir nicht von einem Arzt/ einer Ärztin oder einem Diätogolen/ einer Diätologin verschrieben werden, Abstand nehmen.  

Abschliessend kann nur noch einmal betont werden, dass Du dich im Besten Fall ausgewogen, mit vielen Früchten und viel Gemüse ernährst, im Winter zusätzlich Vitamin-D in Form eines Präparates zu dir nimmst und Sport treibst. Zusätzlich kannst du bei einer jährlichen Gesunden-Untersuchung deinen Ernährungsstatus bestimmen lassen und gegeben Falls zu weiteren Supplementen greifen. 

Ganz wichtig ist ausserdem auch noch, dass Du selbst ohne Nährstoffdefizite an COVID-19 erkranken kannst. Ein adäquater Ernährungszustand und damit funktionierendes Immunsystem, kann höchstens den Verlauf der Erkrankung abmildern. 

Literaturverzeichniss

Bae, M. and H. Kim (2020). “Mini-Review on the Roles of Vitamin C, Vitamin D, and Selenium in the Immune System against COVID-19.” Molecules 25(22). 

Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Österreichische Gesellschaft für Ernährung, Schweizergesellschaft für Ernährung (Hrsg.) Vitamin D (Calciferole) In Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Bonn, 2. Auflage, 1.Ausgabe (2015) 

Hemilä, H. and E. Chalker (2013). “Vitamin C for preventing and treating the common cold.” Cochrane Database Syst Rev(1): Cd000980. 

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